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Ausgabe 7/00   Seite 38ff

Beim Blick nach Afrika richtet sich die Aufmerksamkeit derzeit sofort auf Simbabwe. Die dortigen Zustände sind Ergebnis der Fanatisierung von Bevölkerungsgruppen auf der Grundlage ethnischer Konstruktionen bis hin zur offenen Gewaltausübung. Tatsächlich geht es einerseits um den Zugang zu den lukrativsten Ressourcen des Landes und um den Zugang zur bzw. die Aufrechterhaltung von Machtpositionen in den Herrschaftsapparaten. Derartige Konfliktlagen bestimmen auch die Situation von Ländern, in denen es gegenwärtig nicht zu offener Gewalt kommt. Dort besteht aber jederzeit die Gefahr der erneuten Instrumentalisierung und Eskalation. Hier setzt das präventive Interesse eine Konfliktberichterstattung ein, die nicht erst zum Zuge kommen will, wenn tatsächlich nur noch Bewaffnete und Militärs das Geschehen bestimmen. Aus dieser Perspektive wollen wir einen der "vergessenen Konflikte" in Ostafrika darstellen.
 

                Steffen Bauer

Politisierte Ethnizität in West-Kenia: Der Rift Valley Konflikt(1)

Konflikttyp und Intensität

Beim Rift-Valley-Konflikt im Westen Kenias handelt es sich um einen horizontalen, kommunalistischen Konflikt. D.h. es bekämpften sich und stehen sich nach wie vor zwei Bevölkerungsgruppen gegenüber, die sich in bezug auf ihre ökonomischen und machtpolitischen Möglichkeiten zunächst nicht unterscheiden (horizontal). Konfliktträger sind Lebensgemeinschaften - dörfliche und kleinstädtische, ländliche Gemeinden -, die vordergründig um die für ihre Existenz wichtigste Ressource - gutes Land für Ackerbau und Viehzucht - konkurrieren bzw. kämpfen (kommunalistisch). Der Konflikt wird auf einer übergeordneten Ebene auf eine konstruierte(2) und politisch instrumentalisierte Ethnizität zurückgeführt. In seiner Instrumentalisierbarkeit dient er den Machtinteressen individueller Akteure innerhalb der Regimekoalition. Der Konflikt eskalierte in den Jahren 1991 bis 1994, forderte zahlreiche Tote und führte zu umfassenden, ethnisch motivierten Vertreibungen aus der betroffenen Region. In den Folgejahren ruhte die gewaltsame Konfliktaustragung weitgehend, ohne dass dabei eine Aussöhnung der Konfliktparteien stattgefunden hätte. Da die Konfliktursachen nicht beseitigt sind und die politische Konstellation sich in ihren Grundzügen unverändert darstellt, ist eine erneute Eskalation leicht vorstellbar.(3)

Ursachen und Akteure

Die ursprüngliche Konfliktursache ist in der Knappheit der existentiellen Ressourcen Land und Wasser zu suchen. Ökologische Überbeanspruchung, unkalkulierbare Dürreperioden und hohes Bevölkerungswachstum verschärfen die Problematik seit Jahrzehnten kontinuierlich. Dass der Verteilungs- und Verdrängungskampf dabei entlang ethnischer Demarkationslinien verläuft, erklärt sich aus der Siedlungsgeschichte des Landes, die wiederum eng mit unterschiedlichen traditionellen Kulturen (Ackerbau vs. Pastoralismus(4)) der rivalisierenden Bevölkerungsgruppen zusammenhängt. So lassen sich auf der Akteursebene vereinfacht zwei multi-ethnische Koalitionen gegenüberstellen, die sich selbst als GEMA- bzw. KAMATUSA-Ethnien bezeichnen. Die GEMA-Ethnien umfassen in einem traditionellen Bündnis die sich nahe stehenden Bevölkerungsgruppen der Kikuyu, Embu und Meru. Im Kontext des hier beschriebenen Konfliktszenarios sind auch die im Rift Valley lebenden Luo und Luhya diesem Bündnis zuzurechnen, die wie die GEMA-Ethnien traditionell vom Ackerbau leben. Die Kikuyu sind mit rund 21% Anteil an der Gesamtbevölkerung die größte der über 40 in Kenia lebenden ethnischen Gruppen.(5) GEMA, Luo und Luhya stellen zusammen gut die Hälfte der kenianischen Bevölkerung dar. Der verhältnismäßig junge Sammelbegriff KAMATUSA(6) beschreibt ein neo-traditionelles Bündnis der hauptsächlich Viehwirtschaft betreibenden Rift-Valley-Ethnien Kalenjin, Maasai, Turkana und Samburu.

Entsprechend lassen sich individuelle politische Akteure nach ethnischer Zugehörigkeit im Konfliktgeschehen verorten. Der den Kalenjin zugehörige KANU(7)-Vorsitzende und Staatspräsident Daniel arap Moi hat sich öffentlich mehrfach für die Aussöhnung der betroffenen Bevölkerungsgruppen eingesetzt, ohne dabei ernsthaft gegen die Anti-Kikuyu-Hardliner seiner Regierung vorzugehen. Unter der Vielzahl der Antreiber der ethnischen Auseinandersetzungen sind v.a. die beiden KANU-Minister William ole N'timama (Maasai) und Nicholas Biwott (Kalenjin) hervorzuheben, die u.a. für die Bewaffnung von KANU-Aktivisten im Rift Valley verantwortlich gemacht wurden. Als gewichtigste Vertreter der politischen Kikuyu-Gemeinde waren die beiden Oppositionspolitiker Kenneth Matiba (FORD-Asili) und Mwai Kibaki (Democratic Party) starker Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt, weil es ihnen bis heute nicht gelang, die Regierung zur dauerhaften Unterbindung der Aggressionen zu bewegen. Die von Moi kooptierten KANU-Minister Joseph Kamotho (Kikuyu) und Dalmas Otieno (Luo) machten keinen nennenswerten Einfluss geltend. Daher kommt bei offiziellen Gesprächen zwischen den beschriebenen ethnischen Bündnissen v.a. traditionell legitimierten GEMA-elders Bedeutung zu, die von Moi aus offenkundig strategischen Überlegungen Oppositionspolitikern oft vorgezogen werden. Zivilgesellschaftliche Unterstützung erhielten die Opfer der Konflikteskalation v.a. von Seiten der Kirchen, wobei dem gut organisierten National Council of Churches in Kenya (NCCK) die größte Bedeutung beizumessen ist.

Anteil ausgewählter Ethnien an der kenianischen Gesamtbevölkerung (27,4 Mio.)

        Kikuyu          20,8 %
        Luhya                 14,4 %
        Luo                   12,4 %
        Kalenjin        11,5 %
        (...)
        Meru                   5,1 %
        (...)
        Maasai             1,6 %
(nach: Kenya Population Census 1989, Vol.1)

Konfliktverlauf

Ab Februar 1991 kommt es im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit des knappen Ackerlandes im Rift Valley zu einer Verschärfung der Diskussion um Landnutzungsrechte, die durch die besondere Betonung ethnisch-traditioneller Besitzansprüche eine neue Qualität gewinnt. Dabei ruft der den Maasai angehörende Lokalverwaltungsminister N'timama explizit zur Gewalt gegen im Rift Valley lebende Kikuyu auf. Im August leistet die Debatte um eine ethno-föderale Verfassungsreform (majimbo) als Gegenmodell zu dem von einer stärker werdenden zivilgesellschaftlichen Demokratiebewegung geforderten Parteienpluralismus der Politisierung ethnischer Identitäten weiteren Vorschub.(8) Im Oktober kommt es zu ersten bewaffneten Überfällen junger, der Bevölkerungsgruppe der Kalenjin angehörender KANU-Aktivisten, die gegen im Rift Valley siedelnde Kikuyu, Luhya und Luo gerichtet sind. Die Kämpfe eskalieren rasch und es kommt bis zum Jahresende zu ersten Toten und der Vertreibung von etwa 20.000 Menschen.

In der ersten Jahreshälfte 1992 ist eine Ausweitung der Kämpfe in die Grenzgebiete des Rift Valley zu beobachten. Entgegen eigenem Bekunden unternimmt die Regierung von Präsident Moi keinerlei Maßnahmen zur Beendigung oder Einschränkung des Konflikts. Vielmehr ist offensichtlich, dass die regimetreuen Kalenjin-Krieger nicht nur rhetorisch sondern auch materiell von ranghohen KANU-Politikern und Regierungsmitgliedern (v.a. N'timama, Biwott) unterstützt werden. Im Konfliktgebiet werden die Kalenjin-Krieger von Provinz- und Distriktverwaltung sowie der Polizei geschützt. Scharfe Kritik aus dem Parlament und von Seiten der Kirchen(9) führt schließlich zur Bildung einer staatlichen Untersuchungskommission (Kiliku-Commission), die im September ihren Bericht vorlegt und drei KANU-Politiker im Ministerrang, nämlich Vizepräsident Saitoti sowie Biwott und N'timama, als Drahtzieher der Kalenjin-Angriffe identifiziert. Der Bericht bleibt jedoch ohne Folgen, da er vom Parlament abgelehnt wird. Parallel zum Konfliktverlauf lässt sich 1992 eine Ausdifferenzierung der Parteienlandschaft entlang ethnischer Linien beobachten.(10)

Angestachelt durch verschärfte ethnische Rhetorik von Seiten der KANU-Hardliner(11) erreicht die Konflikteskalation 1993 ihren Höhepunkt. Im Lager der Kikuyu steigt die Unzufriedenheit mit der eigenen politischen Führung, die nicht in der Lage ist, die Regierung zur Unterbindung der Gewalt zu bewegen. Unterdessen steigt die Zahl der Opfer seit Konfliktbeginn auf ca. 1.000 - 1.500 Tote und bis zu 300.000 Vertriebene. Moi reagiert auf wachsenden internationalen Druck durch die Ausrufung dreier Sicherheitszonen im Konfliktgebiet, was zum einen öffentlichkeitswirksam ist und zum anderen die ausnahmezustandsähnliche Abschottung der kritischen Gebiete erlaubt.

N'timamas Einmischung erreicht im Oktober eine neue Qualität in dem er als Lokalverwaltungsminister 30.000 Kikuyu-Farmer unter dem Vorwand ökologischer Notwendigkeit zum Verlassen des Narok-Distrikts im Süden des Rift Valley auffordert, den er gleichzeitig und unter vorsätzlicher Missachtung geltenden Rechts(12) der "Urbevölkerung" (z.B. Maasai) zuspricht. Innenminister Lotodo folgt diesem Präzedenzfall, um den Kikuyu ein zweitägiges Ultimatum zum Verlassen des im Norden des Rift Valley gelegenen West-Pokot zu stellen.

Im Dezember kommt es auf Betreiben von UNDP (United Natinons Development Program) erstmals zu effektiven Deeskalationsmaßnahmen: die Regierung Moi erkennt die von der UN genannten Zahlen (1.000 Tote; 250.000 Vertriebene) offiziell an und stimmt einem 21 Mio. USD umfassenden Programm zur Wiederansiedlung der Vertriebenen zu.

In der Folge ist 1994 ein deutliches Abflauen der Vertreibungen zu verzeichnen,(13) in den Sicherheitszonen unterbindet die Polizei Angriffe auf Kikuyu-Farmen. Scheinbar ergänzend bemüht sich Präsident Moi um eine Annäherung an die Kikuyu, was jedoch in erster Linie als eine divide-et-impera-Strategie zur Unterminierung des parteipolitischen Kikuyu-Luo-Luhya-Bündnisses zu interpretieren ist.

Im Juni/Juli 1995 kommt es zu mehreren Treffen zwischen GEMA-elders und KAMATUSA-Eliten, die in einer gemeinsamen Resolution bzgl. der Rücksiedlung der Vertriebenen und der juristischen Verfolgung der Verantwortlichen gipfeln. Die Resolution wird jedoch u.a. von N'timama öffentlich diskreditiert, woraufhin Biwott die Aussöhnungsgespräche im September für beendet erklärt.

Nach der militanten Konfliktaustragung der Jahre 1991 bis 1994 spiegelt sich der Konflikt nun v.a. in Form parteipolitischer Machtkämpfe um die ethnische Komposition des Regierungslagers und den damit eng verbundenen Einfluss in den Wahlkreisen wider. Es kommt nur noch punktuell zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Rift Valley. Weitere Bemühungen Mois zur Kooptation von Kikuyu-Eliten (insbesondere vor den Wahlen 1997) sind nur bedingt erfolgreich und führen zusätzlich zu erheblichen Spannungen innerhalb des Regierungslagers.(14)

Der parteiübergreifende Machtkampf um günstige Ausgangspositionen für die Moi-Nachfolge spitzt sich naturgemäß weiter zu, je näher das Ende Mois verfassungsmäßig letzter Amtszeit (2002) kommt. Im gegebenen, stark ethnisierten machtpolitischen Kontext birgt die offene Nachfolgefrage ein erhebliches zusätzliches Konfliktpotential, das eine erneute Eskalation im Rift Valley und auch darüber hinaus leicht möglich erscheinen lässt. Die Abrufbarkeit von ethnisch mobilisierter Gewalt durch die politischen Eliten zeigt sich besonders deutlich im Januar 1998, als es erneut zu heftigen Angriffen von Kalenjin auf Kikuyu im Rift Valley kommt (ca. 100 Tote). Internationale Beobachter werteten diesen Zwischenfall als Abstrafung der Rift-Valley-Kikuyu für "falsches" Wahlverhalten (z.B. einheitliche Unterstützung Kibakis) im Dezember 1997.

Externe Akteure

Seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes sind IMF (International Monetary Fond) und westliche Geberländer verstärkt dazu übergegangen, den Ressourcentransfer in die Entwicklungsländer von sog. politischen Konditionalitäten abhängig zu machen. So wurde die öffentliche Entwicklungshilfe für Kenia auf Grund von gravierenden Menschenrechtsverletzungen, endemischer Korruption und mangelndem Demokratisierungswillen im Laufe der 90er Jahre mehrfach eingefroren. Es gelang Präsident Moi jedoch immer wieder mit Minimalzugeständnissen eine Fortsetzung der Entwicklungshilfe zu erreichen. Eine explizite Einflussnahme der Geberländer im Sinne einer nachhaltigen Konfliktbearbeitung im Rift Valley ist dabei nicht erfolgt. Dies hängt auch damit zusammen, dass es sich beim gegebenen Konfliktszenario eindeutig um einen innerstaatlichen Konflikt handelt, der von der Regierung sogar als unvermeidliche Folge der politischen Liberalisierung dargestellt wurde. Hinzu kommt, dass Kenia im weiteren ostafrikanischen Kontext von Außen als eine Insel des Friedens und der Stabilität wahrgenommen wird.

Konstruktive Bemühungen zur Beendigung der gewaltsamen Konfliktaustragung von Seiten internationaler Akteure sind lediglich dem UNDP zu bescheinigen (s.o.). Der Erfolg dieses Programms ist jedoch umstritten, zumal es nur Konfliktsymptome, nicht aber Konfliktursachen adressierte.

Konfliktfolgen

Die unmittelbaren Konfliktfolgen sind in der nachhaltigen Vertreibung zehntausender von Bewohnern, überwiegend Kikuyu, aus dem Rift Valley zu sehen. Die allenfalls halbherzigen Wiederansiedlungsbemühungen der Regierung und die weiter bestehenden ethnischen Spannungen im Konfliktgebiet, vor allem aber der Verbleib der mutmaßlich Verantwortlichen innerhalb des Regierungszirkels bieten keine überzeugenden Anreize zur Rückkehr. Dadurch erhöht sich der Bevölkerungsdruck und die ökologische Belastung in den an das Konfliktgebiet angrenzenden Ausweichregionen. Die staatlich gesteuerte Transformation des Rift Valley in einen nahezu exklusiven KANU/Kalenjin-Distrikt scheint zu gelingen.

Gesellschaftspolitisch führen die beschriebenen ethno-politischen Verteilungskämpfe zu einer schleichenden Erosion staatlicher Autorität, wie sie auch in vielen anderen afrikanischen Staaten zu beobachten ist. Dennoch scheint ein worst-case-scenario (Bürgerkrieg, Staatszerfall) für Kenia unwahrscheinlich, weil dies den wirtschaftlichen und politischen Interessen der urbanen, inter-ethnisch agierenden Mittel- und Oberklasse zuwiderlaufen würde. Es sind gerade die Hauptbetroffenen des Konflikts, Kikuyu und Luo, die als Träger der Zivilgesellschaft gelten und ihr Heil eher in politischem Protest als in anti-staatlicher Gewalt suchen.

Service

Kontakte

The National Council of Churches in Kenya (NCCK)
Rose Barmasai (Peace and Reconciliaton Coordinator)
POB 45009, Nairobi,
Kenya
Telefon: +254(2) 338 211
Telefax: +254(2) 215 169

Centre for Conflict Resolution
Machira Appolos (Director)
POB 15626, Nakuru,
Kenya
Telefon: +254 (372) 12 435
Telefax: +254 (372) 61 442
mailto:eu-cs@net2000ke.com

Action Aid Kenya
Tom Joseph (Director)
POB 42814, Nairobi,
Kenya
Telefon: +254(2) 440 444
Telefax: +254(2) 445 843
mailto:thomasj@actionaidkenya.org

UNDP Reisdent Representative for Kenya
Frederick Lyons
POB 30218 Nairobi,
Kenya
phone: +254(2) 62-4465
Telefax: +254(2) 62
mailto:frederick.lyons@undp.org

Web Sites

Literatur

Anmerkungen:


(1) Ich danke Ralph-Michael Peters für Hintergrundinformationen und Hinweise.
(2) Vgl. Randnote 14!
(3) Es handelt sich dabei keineswegs um den einzigen, wohl aber den größten und intensivsten Konflikt in Kenias postkolonialer Geschichte. Verwiesen sei an dieser Stelle auch auf das Konfliktpotential an der Küste, wo die staatliche Repression gegen die islamische Minderheit seit dem Bombenattentat auf die US-Botschaft (August 1998) deutlich zugenommen hat, und verschiedene Rebellengruppen, die in den Grenzgebieten zu Äthiopien und Somalia sowie Uganda agieren.
(4) Pastoralismus: Hirtenwirtschaft
(5) Die Kikuyu stellten hinter ihrem Anführer Jomo Kenyatta die treibende Kraft der Unabhängigkeitsbewegung dar. Nach der Erlangung der Unabhängigkeit 1963 begannen sie in großer Zahl im fruchtbaren Rift Valley anzusiedeln, das zu Kolonialzeiten den Großfarmen weißer Siedler vorbehalten war. Durch die Gikuyu Embu and Meru Association (daher GEMA) verfügten sie während Kenyattas Präsidentschaft (1963-1978) über eine einflussreiche Interessenvertretung. Die Kikuyu sind auch die am stärksten von der Konflikteskalation betroffene Bevölkerungsgruppe.
(6) In den betroffenen Gegenden sind die Kikuyu die zahlenmäßig größte Gruppe. Hinzu kommen viele kleine, die als 'Kamatusa' bekannt sind (Kalenjin, Maasai, Turkana und Samburu) und sich selbst als die Ureinwohner des Rift Valley bezeichnen. Vgl. http://www.oneworld.org/ips2/jan98/kenya5.html.
(7) Die Kenya African National Union (KANU), die vormalige Staatspartei, ist auch im für den Parteienwettbewerb geöffneten Kenia zur Zeit die Regierungspartei des Präsidenten Daniel arap Moi.
(8) Das majimbo-System (majimbo = Kiswahili für Region) ist v.a. für die kleinen, in der Regimekoalition befindlichen Bevölkerungsgruppen attraktiv. Es kann als verfassungsrechliche Legitimation zur Schaffung ethnisch homogener Provinzen (z.B durch Zwangsumsiedlungen) interpretiert werden, was von den größeren, landesweit siedelnden Bevölkerungsgruppen abgelehnt wird.
(9) Eine Untersuchungskommission des NCCK macht im Juni 1992 explizit die Regierung für die Gewalt im Rift Valley verantwortlich.
(10) Im November 1991 hatte sich Präsident Moi dem wachsenden Druck der internen Demokratiebewegung und der internationalen Gebergemeinschaft gebeugt und die Gründung oppositioneller Parteien zugelassen. Der Verfassungspassus, der KANU zur alleinigen Staatspartei machte wurde aufgehoben.
(11) N'timama legitimiert Maasai-Angriffe als ein "Zurückschlagen" nach langjähriger Benachteiligung durch andere Bevölkerungsgruppen; Saitoti verkündet in einer implizit gegen die Kikuyu gerichteten Kitengela Declaration einen Schulterschluss zwischen Maasai und Kamba, diese wird auf Initiative Biwotts - der zusätzlich die majimbo-Debatte wieder anheizt - vom Parlament bekräftigt.
(12) De facto annulliert N'timama auf diesem Wege rechtskräftige Kaufverträge der betroffenen Siedler.
(13) Die Zahl der 1994 aus dem Rift Valley vertriebenen Bewohner wird auf 2-5.000 geschätzt.
(14) Diese führten zu einer quasi-Spaltung von KANU, wodurch u.a. der Maasai-Falke N'timama von Moi ins zweite Glied verbannt wurde; der ursprünglich von N'timama protegierte Saitoti vollzieht unterdessen einen graduellen Wandel vom Maasai-Politiker zum Kikuyu, was die konstruierte Wirklichkeit ethnischer Identitäten eindrucksvoll unterstreicht.
 

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